BADISCHE ZEITUNG K U L T U R Montag, 9. März 2015
Das Lajos Dudas Quartett im Lörracher Jazztone.
Der Klarinettist Lajos Dudas im Lörracher Jazztone Foto: Thomas Loisl Mink
Bei der Klarinette denkt man zunächst an Oldtime oder Swing, eher weniger an etwas Abgefahrenes, Ultramodernes. Doch schon der Bühnenaufbau beim Konzert mit dem Lajos Dudas Quartett im Lörracher Jazztone zeigte am Freitagabend, dass das Konzert etwas Außergewöhnliches werden würde. Ein Gestell mit fünf unterschiedlich großen Gongs, davor ein Set mit allerlei Percussion-Instrumenten beherrschte die Bühne. Ein Drumset gab es auch noch, und links und rechts von all diesem Schlagwerk standen Lajos Dudas mit der Klarinette und Philipp van Endet mit seiner Gitarre.
Mit einer sphärisch schwebenden Ouvertüre startete das Konzert, die Musik breitete sich wie eine Wolke im Raum aus, um dann plötzlich Fahrt aufzunehmen und mit rhythmischer Energie voranzustürmen. Lajos Dudas gilt als Innovator der Klarinette im modernen Jazz. Sein virtuoses und ideenreiches Spiel und sein lässiger Umgang mit unterschiedlichsten Stilelementen ließen ihn zu einem Musiker werden, der besonders von anderen Musikern sehr geschätzt wird.
Expressiv, zupackend und mit einer technischen Brillanz, mit der man sich alles erlauben kann, vermengte Dudas Anmutungen von Bebop mit Elementen moderner Klassik, folkloristischen Einsprengseln, Avantgarde-Jazz und immer wieder auch freitonale Bestandteile, denen er sich in den 80er-Jahren intensiv gewidmet hat. Das alles kam sehr rhythmuslastig daher, das üppig besetzte Schlagwerk wurde zu einer treibenden Maschinerie. Pulsierend, groovend und mit perfekten Timing spielte Kurt Billker das Schlagzeug, an der Seite von Jochen Büttner, der mit exotischen Percussionklängen eine magische Spannung herbeizauberte. Dass die Gruppe keinen Bassisten hatte, fiel da nicht weiter auf, wurde sein Part doch von den Rhythmusleuten und teils auch von Gitarrist Philipp van Endert lässig übernommen. Er schuf nicht nur solide Klangfundamente, sondern auch harmonische Strukturen und gefühlvolle Soli. Dudas und Endert spielten sich als Solisten die Bälle zu, ergänzten und bereicherten einander auf kongeniale Weise und verblüfften immer wieder mit überraschenden Soli von schöpferischer Kraft.
Es war eine anspruchsvolle, eine intelligente Musik, die das Quartett im Jazztone spielte, etwas, das man nicht nebenbei hören kann, das vielmehr konzentriertes Zuhören erfordert. Kraftvoll, spannend und mitreißend entwickelten die Vier ihre Stücke, die mit klanglicher Kraft und hohem Tempo daherkamen. Doch es gab auch ruhige Balladen, bei denen Dudas und Endert nach Melodien suchten ohne je Gefahr zu laufen, süßlich zu werden.
Bisweilen wurde die Musik fast rockig, dann wieder leichtfüßig wie ein Tanz, um dann wieder experimentelle Räume zu erkunden. Es war faszinierend zu erleben, was der 74-jährige Lajos Dudas, der in Überlingen am Bodensee lebt, aus seiner Klarinette herausholte. Ungewöhnlich und gewagt, vielfältig und facettenreich war die Musik des Quartetts, und Dudas zeigte sich als listiger, schelmischer Erfinder, der voller Lust und Freude und munterer Kraft agierte, und seinen Kollegen auch mal lachend und klatschend zuhörte, wenn er gerade Pause hatte.
Autor: tm